Ermittlungen wegen des tödlichen Schusswaffengebrauchs durch Polizei in Eichstetten im Februar 2025 eingestellt
Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen wegen des Verdachts des Totschlags bzw. des versuchten Totschlags gegen zwei 31 und 32 Jahre alte Polizisten in Eichstetten nunmehr eingestellt.
Am 16.02.2025 kam es am Abend gegen 20:45 Uhr in der Bötzinger Straße in Eichstetten zu Schüssen mehrerer Polizeibeamter, die einen 48-jährigen Mann so schwer verletzten, dass dieser an seinen Verletzungen verstarb.
Vorausgegangen war eine häusliche Gewalt des 48-Jährigen gegen seine Lebensgefährtin und deren Sohn, die die Frau veranlasste, sich mit ihrem Kind in ein Zimmer der gemeinsamen Wohnung einzuschließen. Um zu ihr zu gelangen, schoss der 48-Jährige mit einer Schrotflinte, zu deren Besitz er kein Recht hatte, durch die Zimmertüre. Dies versetzte die Frau derart in Panik, dass sie ihr Kind aus dem ersten Stock des Hauses aus dem Fenster hielt. Glücklicherweise konnte der Junge von einem beherzt handelnden Nachbarn in Empfang genommen werden. Der Mann verließ derweil das Haus und begab sich – wohl nach einer weiteren Schussabgabe – mit der Schrotflinte und einer weiteren Schusswaffe aus dem Haus und begab sich zu Fuß in den Ort.
Zwischenzeitlich wurde mittels mehrerer Streifen sowie der Hundeführerstaffel die Fahndung nach dem bewaffneten Mann eingeleitet.
Etwa eine halbe Stunde nach den ersten Schussabgaben durch den 48-Jährigen berichteten mehrere Zeugen von einem erneuten Schuss. Zudem wurde der Polizei mitgeteilt, dass sich der Mann wieder in der Bötzinger Straße aufhalte. Diese Informationen erhielten auch die eingesetzten Beamten, die sich zur Ergreifung des Mannes in Richtung der Örtlichkeit bewegten. Trotz Aufforderung von mehreren Polizeibeamten, die Waffe niederzulegen, richtete der Mann die Schrotflinte auf die beiden später als Beschuldigte erfassten Polizisten, die sich ihm mit zwei weiteren Kollegen, im Laufschritt aus der Bahnhofstraße kommend, näherten. Durch die auf sie gerichtete Schrotflinte sahen sich die beiden beschuldigten Polizeibeamten akut bedroht und schossen mehrfach in Richtung des 48-Jährigen. Dabei traf einer der Schüsse den Mann so, dass er auf dem Transport in die Klinik an inneren Blutungen verstarb. Ob es unmittelbar vor der Schussabgabe durch die beiden Polizisten tatsächlich noch einen weiteren Schuss des 48-Jährigen auf die Gruppe der Polizisten gab, wie zwei Zeugen berichteten, konnte im Nachhinein nicht zweifelsfrei aufgeklärt werden. Vielmehr zeigte sich nach den mit großem Aufwand und äußerst gewissenhaft geführten Ermittlungen durch das LKA Baden-Württemberg, dass der Mann zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich keinen Schuss aus seiner Waffe mehr abgeben konnte.
Dennoch war den Beamten ein alternatives Handeln rechtlich nicht zumutbar. Der Mann, der jedenfalls kurz zuvor einen Schuss aus einer echten Waffe abgegeben und diese auch gegen seine Partnerin und ihr Kind eingesetzt hatte, stand ihnen, die Waffe gegen sie gerichtet, gegenüber und zeigte keine Bereitschaft, diese niederzulegen. In dieser Situation unterlagen die handelnden Polizisten dem Irrtum, sich in einer Notwehrlage zu befinden und ihr eigenes Leben - sowie das ihrer Kollegen - durch gezielte Schüsse auf den vermeintlichen Angreifer verteidigen zu dürfen. In dem nur Sekundenbruchteile andauernden Augenblick, in welchem der 48-Jährige die Waffe gegen die Gruppe der Polizisten richtete und die Beschuldigten auf ihn schossen, war es diesen schlicht nicht möglich, sich über die genaue Situation ein tatsachenfundiertes Bild zu machen – etwa zu der Frage, ob sich im Lauf der Waffe Munition befand und ob der Mann tatsächlich einen Schuss auf sie abgeben wollte. Da der Irrtum der Polizisten insoweit aber nicht vermeidbar war, ist der Tod des Mannes den Beschuldigten strafrechtlich nicht vorwerfbar.
Die weiteren Ermittlungen legten nahe, dass es dem Mann wohl darauf ankam, sich von der Polizei erschießen zu lassen (Phänomen des „suicide by cop“).